Selbsthilfeerfahrung

Die Selbsthilfe bei Borderline stellt im Vergleich zu anderen Erkrankungen eine größere Herausforderung dar, da das Krankheitsbild äußerst vielschichtig ist und die Symptome häufig wechseln können.

Es ist nicht ausreichend, sich allein auf Selbsthilfemaßnahmen zu verlassen. Es ist von großer Bedeutung, dass jeder Betroffene einen Arzt oder eine Ärztin findet, bei der er sich gut aufgehoben fühlt und Vertrauen aufbauen kann. Ebenso ist eine Therapie von großer Wichtigkeit, meiner Meinung nach. In einer Therapie können spezifische Techniken erlernt werden, um den Umgang mit alltäglichen Situationen zu verbessern. Darüber hinaus ermöglicht sie eine intensive Auseinandersetzung mit sich selbst und eine genauere Selbstwahrnehmung.

Was kann man darüber hinaus für sich tun?

Es ist von großer Bedeutung, dass man sich nicht allein gelassen fühlt, wenn man mit seiner Störung konfrontiert ist. Der Austausch mit anderen Betroffenen kann äußerst hilfreich sein. Es ist eine Erleichterung zu erfahren, dass es noch andere Menschen gibt, die ähnliche Erfahrungen machen und mit derselben Störung zu kämpfen haben. Man erkennt, dass man nicht allein ist.

Das Internet bietet zahlreiche Möglichkeiten für den Erfahrungs- und Gedankenaustausch. Man kann sich in Mailinglisten mit anderen austauschen, in Foren zu bestimmten Themen diskutieren oder sich zu Chatgesprächen verabreden, um einfach miteinander zu plaudern. Der Austausch mit anderen Betroffenen bereichert mich persönlich sehr.

Als ich andere Menschen kennenlernte, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben, war ich zunächst schockiert und zugleich erleichtert. Männer und Frauen, die dieselben Gefühle und Verhaltensweisen hatten wie ich. Vorher dachte ich oft, dass ich einfach verrückt sei. Die Erfahrungen der anderen versuche ich positiv für mich zu nutzen, insbesondere wenn ich Ratschläge erhalte oder höre, wie andere gelernt haben, mit bestimmten Situationen umzugehen.

Obwohl Borderline bei jedem Individuum unterschiedlich ausgeprägt ist und die Symptome variieren können, gibt es dennoch viele Gemeinsamkeiten. Ich versuche, die unterschiedlichen Erfahrungen für mich zu nutzen und neue Tipps auszuprobieren.

Aus diesem Grund habe ich selbst dieses Projekt "Borderline-Plattform" (ehemals Borderline-Selbsthilfe) ins Leben gerufen. Ich möchte anderen Mut machen, für sich selbst zu kämpfen und sich gegenseitig zu unterstützen. Niemand sollte sein Schicksal einfach so akzeptieren, sondern lernen, es anzunehmen und das Beste daraus zu machen, um das Leben lebenswert zu gestalten. Auch wenn es Rückschläge und Momente der Hoffnungslosigkeit gibt, gibt es auch Zeiten, in denen man glücklich sein kann. Diese Phasen sollte man nutzen, um neue Kraft für schwierige und belastende Zeiten zu schöpfen.

Neben dem Austausch im Internet ist es ebenso wichtig, sich im "realen Leben" mit anderen Betroffenen auszutauschen. In einigen Städten gibt es bereits Selbsthilfegruppen für Menschen mit Borderline. Hier wird man von den anderen Betroffenen besser verstanden als von Personen, die nicht dieselben Erfahrungen gemacht haben. In solchen Gruppen wird einfühlsam aufeinander eingegangen.

Es kann auch hilfreich sein, sich intensiver mit der Erkrankung auseinanderzusetzen, indem man beispielsweise Bücher darüber liest oder Erfahrungsberichte von anderen Betroffenen studiert.

Was kann man noch tun?

Hast du schon einmal daran gedacht, ein Tagebuch für dich anzulegen? Du kannst dort alles aufschreiben, was dich im Laufe des Tages stark belastet hat oder was sehr schön war. Auf diese Weise kannst du in schwierigen Zeiten nachlesen, dass es auch positive Erlebnisse gibt und dich dadurch stärken und ermutigen. Mit der Zeit entwickelst du eine Sensibilität dafür, was dir guttut und welche Situationen zu emotionalen Abstürzen führen. Dadurch kannst du Anpassungen vornehmen, um belastende Situationen zu reduzieren und für mehr Ausgeglichenheit im Alltag zu sorgen.

Trotz aller Bemühungen wird es jedoch immer wieder vorkommen, dass du heftige Abstürze erlebst. In solchen Momenten kann ein Selbsthilfebogen sehr nützlich sein, um besser mit der Situation umzugehen. Es hat sich auch bei mir bewährt, Tages- und Wochenpläne einzuführen, denn eine gewisse Struktur ist notwendig, um neben all den Verpflichtungen im Alltag ausreichend Ruhepausen einzuplanen. Die Übersicht hilft dabei, die Angst vor noch unerledigten Aufgaben zu verringern.

Die Tageszeiten können in bestimmte Rituale eingeteilt werden. Beginne morgens im Badezimmer, auch wenn du dich vielleicht nicht im Spiegel betrachten möchtest und am liebsten die Decke über den Kopf ziehen würdest. Tue deinem Körper etwas Gutes, pflege ihn sorgfältig und begrüße den Tag mit einem Frühstück und einer Tasse Kaffee oder Tee. Die Aufgaben des Tages sollten so geplant werden, dass ausreichend Pausen eingelegt werden. Selbst wenn du denkst, dass du diese Pausen nicht benötigst, sind sie notwendig, um ein gewisses Gleichgewicht zu bewahren.

Abends solltest du versuchen, eine Bilanz des Tages zu ziehen. Was ist gut gelaufen? Wofür kannst du stolz auf dich sein? Was ist schlecht gelaufen und wie kannst du es beim nächsten Mal verbessern? Hierbei kann das Tagebuch sehr hilfreich sein.

Es ist wichtig, sich nicht mit anderen zu vergleichen, sondern zu lernen, die eigenen Grenzen zu spüren und zu setzen. Sei stolz auf das, was du erfolgreich gemeistert hast. Natürlich wird es immer wieder Tage geben, an denen es scheinbar nichts zu loben gibt. Aber es ist bereits eine Leistung, den Tag trotz aller Schwierigkeiten durchgehalten und nicht aufgegeben zu haben. Setze dir realistische Ziele und beginne langsam, um das Tempo nach und nach zu steigern.

Bei der Wochenstruktur verhält es sich ähnlich. Ein Zettel kann dir helfen, einen Überblick über deine anstehenden Verpflichtungen, Aufgaben und auch Pausenzeiten zu behalten. Am Ende jeder Woche sollten alle Aufgaben (oder zumindest die meisten) abgehakt sein. Was nicht erledigt wurde, kann in die nächste Woche übertragen werden. Wenn viele Punkte offen bleiben, hast du dich möglicherweise überschätzt oder deine Zeit nicht richtig eingeteilt. Plane die Tage so, dass auch Zeit für dich bleibt, um dir etwas Gutes zu gönnen, wie zum Beispiel ins Solarium gehen, ins Kino, einen Stadtbummel machen, Freunde treffen oder einfach Zeit zum Entspannen. Selbst wenn es anfangs albern erscheint, probiere es trotzdem aus, denn es kann wirklich sehr hilfreich sein. Auch ich habe meinen Alltag strukturiert, um selbst in Krisensituationen durchhalten zu können. Wenn gar nichts mehr geht, hole ich mir Hilfe, aber zuerst versuche ich, es allein zu schaffen.

Selbst wenn das Chaos über dir zusammenzubrechen scheint, halte dich weiterhin an deinen Plan. Denn selbst wenn dich dieser Plan manchmal mehr nervt, bewahrt er dich davor, dass das Gefühl, dass nichts funktioniert und alles über dir zusammenbricht, dich überwältigt. Am Ende des Tages kannst du dann stolz auf dich sein, dass du trotz aller Schwierigkeiten den Tag gemeistert hast. Wenn es Dinge gibt, die du nicht mehr bewältigen kannst, schreibe sie auf einen Zettel und priorisiere sie. Erledige zuerst die wichtigsten Aufgaben am nächsten Tag. Die anderen Punkte kannst du später abhaken, wenn du die Kraft dazu hast.

Dinge, die dich belasten oder Angst machen, versuche zuerst zu erledigen, denn je länger du sie aufschiebst, desto größer wird der innere Druck und die Angst. Wenn die unangenehmen Aufgaben erledigt sind, haben Angst und Druck nicht mehr so viel Macht über dich. Ich habe gelernt, wie wichtig es für meinen Tages- und Wochenplan ist, ausreichend Pausen einzuplanen. Oft fühle ich mich zu wenig, um zu spüren, ob ich erschöpft bin und wie stark die Erschöpfung ist. Das strikte Einhalten der Pausenzeiten gibt mir zumindest Sicherheit, einen ausgeglichenen Alltag zu haben, der mich nicht überfordert. Durch den Wechsel von Arbeit und Pause kann ich leichter im Gleichgewicht bleiben, selbst wenn ich während der Pause spüre, dass sich die innere Leere verstärkt. Ich versuche, sie anzunehmen, da ich weiß, dass die Pausen begrenzt sind. Das hilft mir.

Innere Leere

Wie kann ich lernen, besser mit dem Gefühl der inneren Leere oder dem inneren Druck umzugehen?

Oft neigen Menschen mit Borderline-Tendenzen dazu, unangenehme oder schmerzhafte Gefühle zu betäuben oder zu verdrängen. Dies kann zum Beispiel durch Alkohol, Drogen oder Ablenkungsmanöver geschehen. In solchen Momenten fühlt es sich oft unerträglich an und man hat das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren.

Eine Möglichkeit, diesen Gefühlen konstruktiv entgegenzuwirken, besteht darin, ihnen aktiv entgegenzutreten. Wenn du das Gefühl hast, es nicht mehr aushalten zu können, kann zum Beispiel eine gründliche Hausreinigung helfen (natürlich nicht bei Putzzwang). Dadurch wirst du abgelenkt und hast gleichzeitig etwas Gutes getan, auf das du am Ende stolz sein kannst. Auch Gartenarbeit, das Aufräumen des Kellers oder andere Aufgaben, die schon lange erledigt werden sollten, können hilfreich sein. Sport kann ebenfalls dabei helfen, dich besser zu spüren, genauso wie ein ausgiebiges Bad mit anschließender Selbstpflege. Versuche, dir etwas Gutes zu gönnen, auch wenn du vielleicht keine Motivation dazu hast. Überwinde deinen inneren Schweinehund. Nachher wirst du froh sein, dass du es geschafft hast.

Früher habe ich das Gefühl der inneren Leere mit einem anderen Gefühl verbunden. Erst als ich genauer in mich hineingesehen habe, habe ich es als Gefühl der inneren Leere erkannt. Zuvor war es immer ein Gefühl der inneren Hetze, jedoch in einem so überwältigenden Ausmaß, dass ich sofort versucht habe, dagegen anzugehen, da ich es nicht ertragen konnte. Es war Panik und das Gefühl, mich selbst zu verlieren, ein Gefühl des "Fallens", das so schmerzhaft war und doch letztendlich nichts als Leere darstellte. Heute versuche ich, es behutsam in kleinen Schritten anzunehmen. Mit Schreiben, Lesen oder anderen Aktivitäten versuche ich, diesen Kreislauf des Verlorenseins zu durchbrechen. Manchmal nutze ich einfache Haushaltsarbeiten, um das Gefühl einigermaßen ertragen zu können. Ich lenke mich bewusst nicht mehr ab, indem ich mich mit anderen treffe oder telefoniere (obwohl es gelegentlich noch vorkommt, aber eher selten), da mich das Gefühl der inneren Leere danach nur umso stärker einholt. Manchmal helfen auch neue Eindrücke. Ich gehe spazieren und beobachte meine Umgebung genau, lenke mich ab, indem ich bewusst versuche, die Vielfalt der Natur oder meine Umgebung wahrzunehmen - mit dem Fokus auf Riechen, Sehen und Fühlen. Dadurch nimmt das Gefühl der inneren Leere wieder etwas ab

Ängste

Das Erlernen des Umgangs mit Ängsten erfordert Übung. Auch wenn es möglicherweise nicht möglich ist, Ängste vollständig loszuwerden, könnt ihr durch bestimmte Übungen definitiv lernen, besser damit umzugehen. Der Abbau von Ängsten bedeutet, schrittweise zu üben, immer wieder zu üben. Ihr müsst lernen, die Ängste anzunehmen. Sie sind ein Teil von euch, aber sie sollten euch nicht länger beherrschen. Es wird immer wieder Phasen geben, in denen es Rückschläge gibt, wenn die Ängste zurückkehren. In solchen Momenten hilft nur eines: dagegensteuern. Tägliche kleine Übungen und Konfrontationen mit der Angst helfen im Laufe der Zeit, sie abzuschwächen. Es mag banal klingen, aber aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es harte Arbeit ist, den Umgang mit Ängsten zu erlernen. Insbesondere hier zeigt sich eine Therapie als hilfreich!

An vielen Tagen habe ich große Schwierigkeiten, überhaupt aus dem Bett aufzustehen. Es fühlt sich erdrückend und beängstigend zugleich an. Was wird dieser Tag bringen? Werde ich alles schaffen? Bevor ich überhaupt aufgestanden bin, bekomme ich Schweißausbrüche und heftiges Herzklopfen. Wenn ich diesem Gefühl nachgebe und liegen bleibe (was früher oft vorkam) und mich unter der Decke verkrieche, zieht es mich nur noch weiter nach unten. Es würde von Tag zu Tag schlimmer werden, bis ich schließlich überhaupt keine Energie und keine Kraft mehr verspüre, um aufzustehen. So schwer es auch manchmal ist, stehe ich sofort nach dem Weckerklingeln auf und beginne den Tag mit einigen Ritualen. Trotz meiner Angst sage ich mir: Okay, diese Angst ist ein Teil meiner Erkrankung, aber ich lasse nicht zu, dass sie mich beherrscht. Ich begrüße den Tag und pflege mich sorgfältig im Badezimmer, um mir selbst zu zeigen, dass ich wichtig bin (auch wenn ich manchmal überhaupt keine "Lust" dazu habe, es gehört zu meinem morgendlichen Ritual). Danach frühstücke ich, auch wenn ich keinen Hunger verspüre, und plane während des Frühstücks den Tag. Manchmal schreibe ich auf einen Zettel, was ich erledigen muss, damit ich nicht im Chaos versinke. Es hilft mir auch sehr, dass ich Verantwortung für meine beiden Kinder habe, ob ich will oder nicht - ob ich Kraft habe oder nicht, sie müssen gut versorgt werden. Auch wenn diese Verantwortung manchmal extrem beängstigend ist, bringt sie mich dennoch voran. Schritt für Schritt.

Auch am Abend habe ich einige Rituale eingeführt, um die Angst vor dem nächsten Tag und vor der unheimlichen Dunkelheit der Nacht zu lindern. Ich gehe (fast) immer zur gleichen Zeit ins Bett, auch wenn ich noch nicht müde genug bin, und führe vor dem Einschlafen einige Entspannungsübungen durch, die ich seit langem immer wieder übe, auch wenn es nicht immer gelingt, mich zu entspannen. Ich versuche, meine Gedanken zu beeinflussen - Gedanken an die kommenden Tage, die Ängste in mir auslösen - indem ich versuche, im Hier und Jetzt zu sein. Es zählt nur der jeweilige Tag. Es ist wichtig, eine Bilanz des vergangenen Tages zu ziehen, sich selbst für das zu loben, was man alles geschafft hat. Aber dabei nicht in die Vergangenheit abzuschweifen. Es ist vorbei, und es zählt nur das Hier und Jetzt.

Beziehungen

Die Beziehung zu anderen Menschen ist ein wichtiger Bereich, der von unserer Erkrankung stark beeinflusst wird. Wir neigen dazu, die Welt in Schwarz-Weiß zu sehen, Gut oder Böse, und diese Wahrnehmung kann sich schnell und häufig ändern. Unser Umfeld hat oft Schwierigkeiten damit umzugehen. Dennoch dürfen wir nicht den Mut verlieren. Wir sehnen uns ständig nach Nähe und Geborgenheit. Doch sobald wir sie erreichen, empfinden wir sie als bedrohlich und entwickeln Ängste, sie wieder zu verlieren. Wir befinden uns in einem Dilemma. Wenn unser Partner oder unsere Partnerin nicht da ist, sehnen wir uns nach Nähe und tun alles, um sie zu erreichen. Doch wenn wir sie haben, verspüren wir einen starken Drang, allein zu sein. Dies führt zu einem ambivalenten Verhalten. Manchmal empfinden wir erst durch unseren Partner oder unsere Partnerin ein Gefühl von Präsenz oder können andere Gefühle verdrängen. Wir suchen nach einer symbiotischen Beziehung und wünschen uns inständig, dass unser Partner alles versteht und empfinden kann. Doch das ist nur begrenzt möglich. Unsere Partner können vielleicht einen Teil dieser inneren Zerrissenheit spüren, aber es liegt nicht in ihrer Macht, etwas dagegen zu tun oder uns zu helfen, außer für uns da zu sein und uns Sicherheit zu geben. Wenn sich die Situation plötzlich ändert und die Nähe bedrohlich erscheint, versuchen wir oft bewusst oder unbewusst, unseren Partner oder unsere Partnerin abzustoßen oder sogar zu provozieren, damit sie die Beziehung oder Freundschaft beenden. In solchen Momenten ist es entscheidend, dass wir lernen, unseren Partnern mit Offenheit zu begegnen, auch wenn wir dadurch Gefahr laufen, sie noch mehr zu verlieren. Nur durch Offenheit und Vertrauen können wir es schaffen. Nur so kann unser Partner auch versuchen, uns zu verstehen.

Gespräche helfen dabei, Unsicherheiten und Missverständnisse abzubauen. Manchmal, wenn Konflikte sich ankündigen oder unvermeidbar sind, müssen wir lernen, unserem Partner Raum zu geben und Abstand zu nehmen. Es könnte hilfreich sein, mit unserem Partner eine Vereinbarung zu treffen, wie wir in Krisensituationen miteinander umgehen wollen. Für uns Borderliner ist es schwer, Konflikte konstruktiv zu lösen. Es fühlt sich an, als ob etwas in uns bricht und wir die Kontrolle verlieren. Wut, Angst, Hass, Aggressionen oder Verzweiflung brechen nach außen. Wir können uns nicht so leicht beruhigen wie gesunde Menschen, und es dauert manchmal Stunden, bis wir uns wieder auf einem normalen Level befinden. Das gehört bei vielen Borderlinern zum Krankheitsbild. In solchen Fällen könnten Medikamente hilfreich sein (besprecht dies jedoch mit eurem Arzt oder eurer Ärztin). Aus eigener Erfahrung habe ich gelernt, dass nur die Zeit uns hilft, wieder zur Normalität zurückzufinden. Ich muss lernen, in akuten Fällen Abstand zu gewähren oder zu halten und mich anderweitig abzulenken (zum Beispiel durch körperliche Betätigung, um mich auszupowern). Es bringt nichts, den Partner weiter unter Druck zu setzen (z. B. durch ständige Telefonanrufe oder Nachrichten), da der Konflikt nur eskalieren würde. Der Partner benötigt in solchen Momenten Abstand, sollte jedoch versuchen, dem Borderliner zu vermitteln, dass er trotzdem in der Nähe ist. Auf keinen Fall sollten wir mit der Angst vor Verlassenwerden spielen (was in vielen Beziehungen vorkommt), da dies zu weiterer Eskalation führen würde.

Natürlich ist es auch wichtig, inhaltlich noch mehr auf die Erfahrungen der Partner von Borderlinern einzugehen. Dies kann jedoch in einem anderen Abschnitt erfolgen. Oft reichen bereits einige Stunden Abstand aus, damit sich die Situation wieder beruhigt. Danach ist es umso wichtiger, dass beide in einer ruhigen Atmosphäre über die Krise sprechen. Anklagen oder Vorwürfe sind dabei unangebracht und sollten vermieden werden (anstatt dessen sollten wir in Ich-Form sprechen: "Mir tat es weh... Ich war traurig... usw."). Versucht gemeinsam herauszufinden, was zu dem Streit geführt hat. So könnt ihr im Laufe der Zeit lernen, manche Konflikte zu vermeiden. Doch auch dies erfordert Geduld, Mühe und Einfühlungsvermögen. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass diese Aspekte auch für Beziehungen außerhalb einer Partnerschaft gelten. Es ist wichtig zu bedenken, dass viele Verhaltensweisen von Borderlinern für Außenstehende kaum nachvollziehbar sind - warum wir so reagieren, wie wir reagieren oder wie empfindlich wir manches wahrnehmen. Aufgrund von Vorurteilen gegenüber dem Begriff "Borderline" sollten wir uns gut überlegen, mit wem wir worüber sprechen, da Verständnis nicht überall zu finden ist. Engen Freunden, Verwandten oder Partnern sollten wir versuchen zu erklären, was in uns vorgeht. Nur so können sie möglicherweise ein gewisses Verständnis entwickeln. Wenn es uns schwerfällt, können wir versuchen, das Thema anhand eines Buches näher zu bringen. Viele von uns müssen sich täglich verstellen oder versuchen, "normal" zu sein, um nicht vollständig abgelehnt zu werden. Verständnis finden wir leider nicht überall oder nur selten. Doch die Kraft, die wir dafür aufwenden, fehlt uns an anderer Stelle. Deshalb sollten wir in unserem engsten Freundeskreis versuchen, uns nicht ständig zu verstellen. Es bringt nicht viel, und diese kostbare Energie sollten wir uns gut einteilen. Dabei fällt mir ein passendes Sprichwort ein:

Was kann ich in einer Beziehungskrise tun?

Um angemessen mit unseren Borderline-Zuständen umzugehen, bedarf es vieler Gespräche und Offenheit. Mein Partner und ich haben verschiedene Strategien entwickelt, die sich in Krisensituationen bewährt haben. Hier sind einige persönliche Beispiele:

Wenn sich Auseinandersetzungen anbahnen und eine Eskalation droht, gerate ich oft in einen Borderline-Zustand, in dem ich die Dinge anders wahrnehme und mich schnell angegriffen fühle. In solchen Momenten hilft nur eines: Abstand. Anfangs stürze ich jedoch noch tiefer ab, da die Angst vor Verlust oder Verlassenwerden mich überwältigt und ich das Gefühl habe, den Schmerz nicht ertragen zu können. Telefonate oder Gespräche bringen dann nichts mehr. In solchen Momenten habe ich kaum Kontrolle über mich selbst, und es besteht die Gefahr, dass die Situation weiter eskaliert. Aus diesem Grund haben wir eine Vereinbarung getroffen: Mein Partner kann sich zurückziehen, aber ich erhalte die Sicherheit, nicht allein gelassen zu werden. Er schickt mir eine von ihm verfasste SMS, E-Mail oder einen handgeschriebenen Zettel (z. B. mit den Worten: "Ich halte die nächsten 15 oder 30 Minuten durch, damit ich mich beruhigen kann. Danach werde ich mich bei meinem Partner melden - ich halte durch!!"). Nach Ablauf dieser Zeit nehmen wir vorsichtig Kontakt auf. Falls ich immer noch sehr aufgewühlt bin, wird der Abstand verlängert. Es ist wichtig, in den Stunden danach nur kurzen Kontakt zu haben, um eine erneute Eskalation zu vermeiden. Nachdem sich die Situation beruhigt hat (was einige Stunden oder sogar länger dauern kann), beginnen wir behutsam wieder Kontakt aufzunehmen. Später sollte unbedingt besprochen werden, was zu dem Streit geführt hat. Die gesendete SMS, E-Mail oder der Zettel sollen mir Sicherheit geben, auch wenn ich anfangs noch anders empfinde. Hier hilft nur Zeit, um mich zu beruhigen und wieder aufnahmefähiger für die Realität zu sein. Während dieser Zeit versuche ich mich abzulenken, um Selbstverletzung oder Suizidgedanken zu vermeiden. Beispielsweise putze ich einen Teil meiner Wohnung gründlich, höre laut Musik und lasse meinen Emotionen freien Lauf oder fahre mit meinem Fahrrad herum, bis ich erschöpft bin. Immer wieder sage ich mir: "Jede Minute, die ich durchhalte, bringt mich einen Millimeter aus dem tiefen, dunklen und trüben Tal. Jede Minute, die ich durchstehe, ist ein Gewinn." Auch wenn es scheint, dass dieser Zustand nicht enden will, muss ich durchhalten. Irgendwann geht er vorbei. Wenn nötig, krieche ich unter die Bettdecke und weine den Schmerz aus, bis ich vor Erschöpfung einschlafe.

Der Wechsel zwischen Nähe und dem Bedürfnis nach Distanz fällt mir ebenfalls schwer und begleitet mich ständig. Der Wunsch nach Nähe und Geborgenheit kann sich schnell ins Gegenteil verkehren, und ich habe dann das Gefühl, meine eigene Identität zu verlieren. In solchen Momenten muss ich meiner Umwelt klarmachen, dass ich Abstand brauche. Viele interpretieren das oft falsch und denken, ich möchte nichts mehr mit ihnen zu tun haben, aber das ist nicht der Fall. Ich brauche gelegentlich solche Auszeiten, um zu mir selbst zurückzufinden. Hierbei hilft mir wieder meine Lieblingsmusik oder eine Radtour. Es ist jedoch wichtig, dem Partner zu verdeutlichen, dass ich ihn nicht abstoßen möchte. Für mich ist dieser Rückzug sehr wichtig, um nicht in einen Borderline-Anfall zu geraten. Auch wenn es seltsam klingt, brauche ich dann eine Art Nähe auf Distanz. Ganz allein fühle ich mich verloren, aber echte Nähe kann ich nicht zulassen. Es fühlt sich an, als würde mir jemand die Luft zum Atmen nehmen. In solchen Momenten könnte ich heftige Panikanfälle bekommen.

Ich hoffe auf Signale von meinem Partner, die mir das Vertrauen geben, dass ich nicht im Stich gelassen werde. Das bedeutet, dass ich selbst nachdem sich mein Zustand etwas beruhigt hat, möglicherweise nicht in der Lage bin zu fragen, ob ich in den Arm genommen oder gehalten werden kann. Ich würde meinem Partner eher sagen, dass ich weiterhin allein sein möchte, obwohl das nicht stimmt. Es ist eine Entscheidung des Verstands. Der Verstand sagt nein, aber mein Herz sehnt sich danach, ohne viele Worte oder Bitten in den Arm genommen zu werden. Ich weiß selbst, dass dieses ambivalente Verhalten für Außenstehende sehr verwirrend ist, aber ich kann es nicht anders ausdrücken. Es ist weder boshaft noch beabsichtige ich etwas Negatives damit, sondern wahrscheinlich Ausdruck meiner inneren Zerrissenheit. Es fühlt sich an, als ob zwei Herzen in meiner Brust schlagen. Trotz aller Bemühungen konnte ich dieses Verhalten bisher nicht ablegen, da ich in solchen Momenten in meiner eigenen Welt gefangen bin.

Selbstverletzung

Selbstverletzungen, sei es innerlich oder äußerlich, sind bei vielen Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung typisch. Was kann ich also in Form von Selbsthilfe für mich tun? Auch hier ist der Austausch mit anderen Betroffenen für mich von großer Bedeutung. In einigen Städten gibt es sogar Selbsthilfegruppen für Menschen mit selbstverletzendem Verhalten (SVV).

Wenn der innere Druck und die Anspannung bei mir zu groß werden und mich regelrecht überfluten, scheint der Drang zur Selbstverletzung unkontrollierbar zu sein.

Ich habe mühevoll gelernt (und bin immer noch dabei), die Notbremse zu ziehen. Ich konnte die Häufigkeit meiner Selbstverletzungen minimieren, indem ich gelernt habe, bestimmte Vorzeichen zu erkennen und dagegen anzugehen. Wenn der Druck ansteigt, versuche ich, mich körperlich vollständig zu erschöpfen. Für mich ist körperliche Anstrengung, wie beispielsweise Fahrradfahren, am hilfreichsten. Wenn nichts mehr zu helfen scheint, greife ich in Ausnahmefällen zu meinen Notfallmedikamenten. Jedoch tue ich dies wirklich nur selten, da der Körper sich schnell an diese Medikamente gewöhnt und man leicht in eine seelische und körperliche Abhängigkeit geraten kann. Bei häufigem Gebrauch lässt die Wirkung dieser Medikamente schnell nach, sodass eine immer höhere Dosierung erforderlich wäre. Es gibt jedoch auch einige Tricks, die ihr ausprobieren könntet, bevor ihr euch selbst verletzt.

 

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